„Der Mega-Trend Nachhaltigkeit macht sich seit einiger Zeit auch immer stärker im Gasbereich bemerkbar. Vor allem unsere Gas Purchase Agreements stoßen auf reges Interesse.“

Interview Madlen Kania im Rahmen des „Gasmonats“ Mai 2021

Madlen Kania betreut als Senior Sales Manager die Kunden der GETEC ENERGIE im Nordosten Deutschlands. In den letzten Jahren hat sie sich insbesondere auf den Vertrieb von Erdgas und die Entwicklung von Beschaffungsmodellen im Bereich Biomethan spezialisiert.

Frau Kania, seit wann beschäftigen Sie sich mit dem Thema Gas?
Die Themen Erdgas und Biomethan begleiten mich eigentlich schon mein ganzes Berufsleben. Ich bin im Jahr 2008 bei der GETEC eingestiegen. Damals waren die Rahmenbedingungen im Gasbereich noch etwas anders. Die Liberalisierung war noch in vollem Gange. Somit konnte ich im Zuge des laufenden Veränderungsprozesses viel lernen und wusste trotzdem die Brücke zur Historie herzustellen. Ab 2009 wurden dann die ersten Bioraffinerien innerhalb des Konzerns in Betrieb genommen. Unsere Abteilung war von Anfang an mit eingebunden und war mit der Vermarktung der Produktionsmenge beauftragt. Die zu dieser Zeit für alle völlig neue Branche durfte ich von Anfang an begleiten.

Aktuell ist beim Thema Gas ja einiges los. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Entwicklungen?
Zum einen steht mit der Marktgebietszusammenlegung eine recht große regulatorische Veränderung an. Zum anderen sind die aktuellen Entwicklungen im Rahmen des Klimaurteils sehr spannend. Hier ist der Zeitrahmen klar abgesteckt. Bis Ende 2022 soll unsere Bundesregierung Maßnahmen ergreifen, die entsprechenden Reduktionsziele für Treibhausgase für die Zeit nach 2030 auf den Weg zu bringen. Sowohl als Privatperson, als auch als Mitarbeiterin der GETEC, sehe ich dieser Zeit erwartungsvoll entgegen.
Die wichtigste Entwicklung aus meiner Sicht ist allerdings, wie sich der Mega-Trend Nachhaltigkeit seit einiger Zeit auch immer stärker im Gasbereich bemerkbar macht. Die seit diesem Jahr im Rahmen des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) fällige CO2-Abgabe spielt hierbei natürlich eine wichtige Rolle. Bei der GETEC merken wir allerdings, dass unsere Kunden auch unabhängig davon immer mehr nach erneuerbaren Gasprodukten fragen. Vor allem unsere Gas Purchase Agreements stoßen auf reges Interesse.

madlen kania

Senior Sales Manager Region Nordost

Was genau sind Gas Purchase Agreements?
Analog zu Power Purchase Agreements, die viele aus dem Strombereich kennen, handelt es sich bei Gas Purchase Agreements (GPA) um direkte Verträge für den Bezug von Grüngas. Wenn Sie Biomethan mit Hilfe von GPA beziehen, können Sie Ihre Grüngasverbrauchsmenge einer direkten Produktionsanlage zuordnen. Der Vorteil ist, dass Sie die Herkunft Ihres Grüngases transparent nachvollziehen können und dies natürlich auch für Ihre Nachhaltigkeitskommunikation gut nutzen können.


Wie bereits erwähnt, hat der Bundesgerichtshof in seinem jüngsten Klimaschutzurteil den Gesetzgeber dazu verpflichtet, die Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 bis Ende 2022 näher zu regeln. Was heißt das für den Bezug von Erdgas in der Zukunft?

Aus meiner Sicht zeigt dieses Urteil, dass die CO2-Abgabe nur der Anfang ist. Auch der Gasbereich muss nachhaltiger werden. Neben dem erforderlichen Ausbau von Wind- und Sonnenenergie kann das bereits angesprochene Biomethan da eine tragende Rolle spielen. Biomethan ist auf Erdgasqualität aufbereitetes Biogas und kann nach Einspeisung ins Erdgasnetz physikalisch nicht mehr von diesem unterschieden werden. Aus diesem Grund sind auf Kundenseite keine besonderen Vorkehrungen nötig. Außerdem ist Biomethan wetterunabhängig und kann zwischengespeichert werden.

Regelmäßig hört man den Vorwurf, dass zur Erzeugung von Biogas Pflanzen verwendet werden, aus denen man auch Lebensmittel produzieren könnte, Stichwort Mais. Wie sehen Sie das?
Bei der Produktion von Biomethan wird nach Art und Ursprung der eingesetzten Rohstoffe unterschieden. In der Einsatzstoffvergütungsklasse 1 werden in der Tat Pflanzen, wie z. B. Mais, zur Herstellung von Biogas verwendet, die auch für die Produktion von Lebensmitteln genutzt werden könnten. In vielen Regionen (z. B. Sachsen-Anhalt) wird der Mais jedoch auf Brachflächen angebaut, die sonst nicht genutzt werden würden. Meiner Meinung nach ist die Verwendung der Biogasqualität individuell von den Ansprüchen des Kunden abhängig.

Wie sieht es denn grundsätzlich mit der Verfügbarkeit von Biomethan aus? Biogas ist ja keine endlos verfügbare Ressource.
Das ist richtig und momentan ist die Verfügbarkeit auch bereits begrenzt. Wir bei der GETEC haben derzeit viele Anfragen vorliegen, die wir auch bedienen können. Sollte sich die Nachfrage in den nächsten Monaten z. B. verdreifachen, kann es zu Verzögerungen kommen. Hier sind wir sehr gut vernetzt und stets auf der Suche nach der Erschließung weiterer Quellen.

Im Hinblick auf das BEHG: Muss man für Biomethan eigentlich auch die CO2-Abgabe zahlen? Komplett CO2-frei ist dieses ja nicht.
Nein, das muss man nicht. Auch wenn die Herstellung von Biomethan streng genommen nicht immer komplett CO2-frei ist, wird der Einsatz von Biomethan von der Deutschen Emissionshandelsstelle anerkannt und ist auch explizit im Sinne des EU-ETS als CO2-frei definiert.

Wie schätzen Sie die Anrechnung mit 0%-CO2-Emissionen von Biomethan im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) ab 2023 ein?
Aus meiner Sicht ist die CO2-Abgabe ein Treiber für den Klimaschutz und somit auch für den Einsatz von Biomethan. Biomethan ist sehr klimafreundlich, muss sich in den nächsten Jahren jedoch durch den Einsatz der richtigen Substrate und entsprechenden Nachweise auch beweisen. Im Jahr 2021und 2022 reicht als Nachweis für die Befreiung lediglich die Vorlage eines entsprechenden Liefervertrages. Meine Kollegen und ich können uns gut vorstellen, dass die Nachweispflicht ab 2023 detaillierter wird, die Anrechnung im BEHG aber auch über das Jahr 2023 hinaus geht.

Wenn ich als Unternehmen Biomethan für meine Wärmeversorgung oder als Prozessgas einsetzen will, wie kann ich nachweisen, dass ich für meine Abnahmestellen tatsächlich Biomethan bezogen habe?
Für diesen Zweck gibt es eine anerkannte Plattform, in der die sogenannte Massenbilanzierung durchgeführt wird: das dena Biogasregister. Dieses bildet die gesamte Prozesskette von der Produktion bis zum Verbrauch ab und ermöglicht somit dem Kunden einen Nachweis, in welcher Anlage das Biomethan für sein Werk produziert wurde. Ein unabhängiger Umweltgutachter prüft die Produktion vor Ort und bestätigt die Menge, die Eigenschaften und Herkunft im dena Biogasregister. Im Anschluss erfolgt die Freigabe durch das dena Biogasregister und der entsprechende Nachweis kann erzeugt werden. Um diesen Nachweis zu erzeugen, muss man im Biogasregister registriert und dafür legitimiert sein. Bei der GETEC sind wir hier bestens aufgestellt und können unseren Kunden diesen Service problemlos bieten.

Kann ich mit Biomethan am europäischen Emissionshandel EU-ETS teilnehmen?
Das ist möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. So muss das Biomethan in jedem Fall in das Erdgasnetz eingespeist worden sein und es muss ein Liefervertrag zwischen Anlagenbetreiber und Biomethaneinspeiser oder Zwischenhändler bestehen. Außerdem muss von der Einspeisung bis zur Entnahme der ganze Prozess durch das Massenbilanzierungssystem dokumentiert werden.

Sie haben ja schon die anstehende Marktgebietszusammenlegung erwähnt. Was kommt da auf die gewerblichen Erdgasverbraucher zu?
Die beiden deutschen Marktgebiete NetConnect und GASPOOL werden zum 1. Oktober 2021 – also zum Start des neuen Gasjahres – zusammengelegt. Der neue Marktgebietsverantwortliche ist dann die Trading Hub Europe GmbH. Dies führt zu allerlei technischer Änderungen im Hintergrund, wie z.B. einer neuen Nomenklatur für die Bilanzkreise. In vielen Fällen sind auch kleinere Vertragsanpassungen bei unseren Kunden notwendig. So lange gewerbliche Verbraucher aber kein Erdgas an Dritte weiterliefern, also selbst nicht als Energieversorgungsunternehmen agieren, kümmern wir uns um alle Anpassungen und kommen bei Bedarf auf unsere Erdgaskunden zu.

Frau Kania, vielen Dank für das Gespräch.

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Aufgrund der CO2-Abgabe werden Kosten für Erdgas ab 2021 schrittweise steigern – dies gilt allerdings nicht für das CO2-neutrale Grüngas.

Wir bieten unseren Kunden Echtes Grüngas und unterstützen sie mit unseren Dienstleistungen rund um die Beschaffung von Biomethan.

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